Frauennetzwerk Städteregion Aachen e.V.: Ergebnisse zur Umfrage „Homeschooling 2.0“
Pressemitteilung des Frauennetzwerks Städteregion Aachen e.V. vom 08.03.2021:
Frauennetzwerk Städteregion Aachen e.V. stellte die Ergebnisse zur Umfrage „Homeschooling 2.0“- Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Städteregion Aachen am Weltfrauentag vor.
Die Corona-Krise im letzten Jahr hat gravierende Veränderungen sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld erzeugt. Das Frauennetzwerk wollte wissen, welche unterschiedlichen Sichtweisen bestehen und welche Auswirkungen dieser Umbruch auf das Leben von Frauen und Männer sowie insbesondere auf das Leben mit betreuungsbedürftigen Kindern erzeugt.
Zumal bereits zu Beginn der Pandemie einige Expert*innen befürchteten, dass die Folgen zu einem jahrzehntelangen Rückschritt in Sachen Gleichstellung führen könnten. Dies nahm das Frauennetzwerk Städteregion Aachen e.V. zum Anlass, zwei Umfragen zu den Auswirkungen der Pandemie auf die Gleichstellung von Frauen und Männern durchzuführen.
An der ersten Umfrage im Sommer 2020 beteiligten sich rund 600 Personen. Die Ergebnisse sind in einem Bericht zusammengestellt, welcher unter www.frauennetzwerk-aachen.de eingesehen werden kann.
Knapp ein halbes Jahr später, während des zweiten Lockdowns, befragte das Frauennetzwerk erneut die Bürger*innen der Städteregion Aachen nach ihrer Meinung und startete die Umfrage „Homeschooling 2.0 – Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Städteregion Aachen“, welche vom 1. bis 24. Februar durchgeführt wurde.
743 Personen haben den Katalog mit 35 Fragen abschließend beantwortet. Die im Vergleich zur ersten Umfrage gesteigerte Beteiligung zeigt auf, dass gerade mit der Dauer der Pandemie das Interesse der Menschen, ihre persönliche Sicht auf dieses Thema zu äußern, stark vorhanden ist. Das Frauennetzwerk dankt allen für ihre Teilnahme.
Ebenso wie die erste Umfrage wurde auch diese an die Mitgliedsorganisationen des Frauennetzwerks in der Städteregion Aachen e.V. versendet und über die Socialmedia-Kanäle der Organisationen verbreitet. Themenschwerpunkte waren: Generelle Belastung, Arbeit und Homeoffice, Kita- und Schulschließungen, häusliche Gewalt, Rückkehr zu einem traditionellen Rollenbild.
Auch diesmal zeigt die Umfrage interessante Ergebnisse und darüber hinaus Veränderungen zum ersten Lockdown.
Hauptergebnisse der zweiten Umfrage sind:
- Über die Hälfte der Befragten (57 %) empfinden den zweiten Lockdown härter als den ersten.
- Als gravierendste Veränderung des Arbeitsalltags haben sich die fehlenden sozialen Kontakte (79 %) herausgestellt.
- Mehr als drei Viertel der Befragten hat zurzeit die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten. Nur 3 % sagen, dass Homeoffice arbeitgeberseitig nicht gewollt sei.
- Homeoffice wurde von Vätern durchweg positiver bewertet als von Müttern. Nur 24 % der Mütter sind zufriedener (Väter zu 48 %). Unzufriedener fühlen sich 41 % der Mütter und 21 % der Väter.
- Ich kann Kinderbetreuung und Arbeit im Homeoffice gut verbinden sagen 42 % der Väter und 29% der Mütter. Ich kann Kinderbetreuung und Arbeit im Homeoffice nicht gut verbinden sagen 54 % der Mütter und 36% der Väter.
- Die Sichtweise darauf, wer die Betreuung der Kinder in welchem Umfang übernimmt, unterscheidet sich fast spiegelbildlich. 62 % der Mütter geben an, dass sie die Kinderbetreuung überwiegend übernommen haben. Bei 26 % wurde sich die Betreuung gleichmäßig aufgeteilt. 57 % der Väter geben an, dass die Betreuung gleichmäßig aufgeteilt wurde und 25 % geben an, dass die Betreuung von der Mutter übernommen wurde.
- Zum Zeitpunkt der Befragung hatten 6 % Lohnersatzleistungen nach § 56 IfSG oder Kinderkrankengeld beantragt oder haben dies konkret vor.
- Bei den politischen Forderungen stand die Digitalisierung der Schulen (64 %) an erster Stelle. Dicht folgten die Forderungen nach Verbesserungen im Bereich Familie und Beruf und Entlastung der Familien.
- Einen stärkeren Fokus auf die Bedürfnisse der Kinder und die der Eltern wünschen sich 68% der Frauen und 50% der Männer. Das Verständnis für die Politik hat sich im Vergleich zur ersten Umfrage bei den Geschlechtern angenähert.
- 83% der Befragten denken, die Situation in den Familien bezogen auf häusliche Gewalt ist angespannt oder äußerst angespannt.
- Ein Rückschritt in das traditionelle Frauenbild befürchten 58% der Frauen, jedoch nur 22% der Männer. Dieses Auseinanderklaffen der Wahrnehmungen war schon in der ersten Umfrage erkennbar.
„Homeoffice ist eine Chance vor allem zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, braucht aber klare Rahmenbedingungen, die Schul- und Betreuungssysteme für die Kinder muss gesichert sein und sollte nur als alternierende Arbeitsform realisiert werden“, fasst Silke Tamm-Kanj, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Würselen, die Ergebnisse zusammen. Ann-Katrin Steibert, Gewerkschaftssekretärin in der DGB-Region NRW-Süd-West ergänzt: “Laut unserer Umfrage beabsichtigen 21 % der Mütter ihre Arbeitszeit aufgrund der eingeschränkten Betreuungsmöglichkeiten in der Corona-Pandemie zu reduzieren oder haben dies bereits getan. Neben dem verringerten Einkommen, könnten Frauen, die ihre Arbeitszeit reduzieren mussten, Schwierigkeiten haben, zur alten Arbeitszeit zurückzukehren. Die Gefahr der Verstetigung ungewünschter Teilzeit bleibt. Einmal reduziert, immer reduziert?!”
Einen Ausblick gibt Sabine Bausch, Gleichstellungsbeauftragte Stadt Aachen: “Die Pandemie kann im besten Fall als Chance begriffen werden. Männer hatten die Möglichkeit, stärker in das Familienleben einbezogen zu sein. In unserer Umfrage haben viele Väter angegeben, dass sie die Betreuung partnerschaftlich übernommen haben. Kinderbetreuung und Sorgearbeit liegen dennoch immer noch stark in der Verantwortlichkeit der Frauen. Um dies zu verändern, müssen alle familienpolitischen Instrumente z.B. Ehegattensplitting, Elternzeit auf paritätische Aufgabenverteilung ausgerichtet sein.”
Die Online-Präsentation am 8. März fand sehr großes Interesse. Es haben u.a. Bürgermeister*innen und Vertreter*innen einzelner Kommunen, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Gleichstellungsbüros, Vertreter*innen verschiedener Institutionen und Organisationen teilgenommen. Vorgestellt wurden die Umfrageergebnisse von Sabine Bausch, Ann-Katrin Steibert und Silke Tamm-Kanj.
Das Frauennetzwerk wird die Ergebnisse in Politik und Gesellschaft einbringen mit dem Ziel, geschlechtergerechtere gesellschaftliche Strukturen anzustoßen. Die Ergebnispräsentation kann auf der Seite des Frauennetzwerks nachgelesen werden: www.frauennetzwerk-aachen.de